SPD will für Europa begeistern

09. Juli 2018

Unterbezirksparteitag im Vorfeld der Europawahl 2019 – Solidarität und Menschlichkeit als Gegenpol zu rechtem Populismus

Zwar steht Bayern im Herbst zunächst einmal vor den Landtags- und Bezirkstagswahlen, doch bereits jetzt wirft die Europawahl im Mai 2019 ihre Schatten voraus. So fand am vergangenen Freitag der Europaparteitag des SPD-Unterbezirks Ansbach-Weißenburg-Gunzenhausen in Mitteleschenbach statt, zu dem UB-Vorsitzender Norbert Ringler einen vollen Saal mit 53 Delegierten und zahlreichen Gästen begrüßen konnte. Neben der fränkischen SPD-Europaabgeordneten Kerstin Westphal aus Schweinfurt und dem stellvertretenden Landrat des Landkreises Ansbach, Kurt Unger, war auch die Riege der Kandidatinnen und Kandidaten zur Landtags- und Bezirkstagswahl im Oktober fast vollständig anwesend.

In seiner Auftaktrede betonte Ringler, der auch Landtagsdirektkandidat im Stimmkreis Ansbach-Nord ist, gleich den Zusammenhang zwischen der Bayernwahl im Herbst und der Europawahl 2019, für die gerade die Vorbereitungen zur Nominierung der Kandidaten laufen. Denn die Landtagswahl, so Ringler, sei auch entscheidend für Europa, „nämlich für das Europa, das wir wollen, ohne Nationalismus und Populismus - nicht das Europa der Zäune und Mauern, für das die CSU steht“.

Dem schloss sich Stefan Bussinger, Vorsitzender der gastgebenden SPD Mitteleschenbach, in seinem Grußwort an: Auch vor Ort in den Gemeinden gehe es darum, Mauern abzubauen statt sie zu errichten. Darum bemühe sich die SPD-Fraktion im Mitteleschenbacher Gemeinderat, in dem sie immerhin fünf von zwölf Sitzen innehat.

Hauptreferentin des Abends war anschließend Kerstin Westphal, die seit 2009 als eine von drei bayerischen SPD-Abgeordneten im Europaparlament vertreten ist. Sie charakterisierte ihre Herkunft mit den Worten: „Ich bin eine hanseatische Fränkin“, und verwies auf ihre Jugend im westmittelfränkischen Emskirchen. Als Überschrift ihres Vortrags benannte sie das Motto der SPD für Europa: Vielfalt und Gerechtigkeit.

„Derzeit“, so Westphal, „läuft es mir eiskalt den Buckel runter, wenn ich dieses Schmierentheater in München und Berlin sehe.“ Der jetzt gefundene Regierungskompromiss in der Asylpolitik entspreche allerdings erfreulicherweise genau den fünf Punkten zur Flüchtlingspolitik, die die SPD formuliert hat. „Wir wollen keine Mauern!“, betonte die Abgeordnete. „Diejenigen, aus Not zu uns kommen, müssen wir aufnehmen und gerecht verteilen. Solidarität und Menschlichkeit müssen im Mittelpunkt stehen, denn es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken.“

Aber vor allem, so Westphal weiter, müssten andere Themen wieder stärker Beachtung finden. So sei die Jugendarbeitslosigkeit in Europa viel zu hoch. Die europäische Grundrechtecharta, die Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit und auch den akuten Wohnungsmangel, nicht zuletzt in Bayern, benannte sie als weitere wichtige Inhalte der SPD-Politik.

Westphal verwies auf zahlreiche Projekte, die europäisch finanziert werden, was aber oft nicht bekannt sei, weil die Staatsregierung dies geflissentlich verschweige. So seien zuletzt vier Millionen Euro in die Landesgartenschau Würzburg geflossen. Doch statt dies anzuerkennen, setze der neue Ministerpräsident auf billige Polemik und sage, Bayern dürfe keine europäische Verwaltungseinheit werden – was aber gar niemand fordere. „Die CSU-Kollegen im Europaparlament, die eigentlich wissen, worum es in Europa geht, tun mir oft leid“, so die Abgeordnete.

Abschließend rief Kerstin Westphal dazu auf, Europa nicht den Populisten von Orban über Kurz bis Söder zu überlassen, sondern den rechten Tendenzen die SPD-Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität entgegenzustellen. Auf Vorschlag von Hans Unger, SPD-Kreisvorsitzender Ansbach-Land, sprach sich der Parteitag dafür aus, Kerstin Westphal als bayerische Spitzenkandidatin zur Europawahl zu nominieren.

Mit Matthias Dornhuber (Fürth) und Kerstin Spachtholz (Nürnberg) gibt es bisher zwei mittelfränkische Bewerber um einen Platz auf der SPD-Liste zur Europawahl. Beide stellten sich den Delegierten kurz vor. Dornhuber wies darauf hin, dass man mit der positiven Besetzung des Themas Europa auch Wahlen gewinnen könne, wie Emmanuel Macron in Frankreich bewiesen habe. „Mit euch zusammen möchte ich die Menschen für Europa begeistern!“, rief er den Delegierten zu. Spachtholz benannte Chancengleichheit und echte Gleichstellung als zentrale Themen. So sei Deutschland Schlusslicht in Europa, wenn es um geschlechtergerechte Renten geht: Nirgends sei der Unterschied zwischen den Alterseinkommen von Männern und Frauen so groß wie hierzulande.

Wer letztendlich nominiert wird, entscheidet der mittelfränkische Bezirksparteitag. Hierfür hatte der Unterbezirk 15 Delegierte zu wählen. Entsandt wurden Jürgen Arnold, Monika Bögelein, Harald Dösel, Norbert Dumler, Lutz Egerer, Petra Hinkl, Anette Lederhos-Fay, Bernd Lober, Christa Naaß, Elisabeth Pecoraro, Kathrin Pollack, Norbert Ringler, Christoph Rösch, Hans Unger und Monika Wopperer.

Aus aktuellem Anlass nahm Harald Dösel, Landtagskandidat im Stimmkreis Ansbach-Süd-Weißenburg-Gunzenhausen, Stellung zum Asylkompromiss in der Regierungskoalition. Es habe ihn überrascht, dass nach all dem Hin und Her im Unionslager nun doch so schnell ein Ergebnis gefunden worden sei, das in einigen Punkten den SPD-Positionen entspreche. Zu begrüßen sei, dass es nun endlich das so dringend benötigte Einwanderungsgesetz geben soll – was allerdings lediglich die Beschlusslage des Koalitionsvertrags wiedergebe. Negativ sieht Dösel hingegen den Umstand, dass sich der Trend zur Abschottung mit dem Kompromiss weiter verfestigt habe und geflüchtete Menschen in Europa zunehmend als bloße Verschiebemasse betrachtet würden.

Dösel kritisierte zudem scharf, dass die CSU durch die Verwendung von Begriffen wie „Asyltourismus“ oder „Anti-Abschiebe-Industrie“ die menschenverachtende Rhetorik rechtsradikaler Gruppen gesellschaftsfähig mache. Dass ausgerechnet Innenminister Seehofer statt der von ihm gewünschten nationalen Alleingänge nun Rücknahmeabkommen mit anderen EU-Staaten aushandeln solle, entbehre nicht einer gewissen Ironie. „Er darf jetzt das auslöffeln, was er uns eingebrockt hat“, stellte Dösel süffisant fest.

Teilen