Rede des Kreisvorsitzenden Harald Dösel bei der Landwirtschaftsdemo in Gunzenhausen

22. Januar 2024

Vielen Dank für die Möglichkeit heute Abend hier zu sprechen! Ich bin gerne der Einladung des Bauernverbandes gefolgt, weil ich es in diesen Zeiten der vielfältigen Krisen und der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung für wichtig halte, dass wir alle als Gesellschaft miteinander im Gespräch bleiben. Und wenn es - wie in diesen Tagen - groß angelegte Proteste von Landwirtinnen und Landwirten gibt, dann hat das sicher Gründe, die man nicht einfach vom Tisch wischen kann.

Vor dem Hintergrund des Sparauftrags, der sich zwingend aus dem Karlsruher Urteil ergeben hat, ist es richtig, dass zunächst alle Bereiche in den Blick genommen worden sind. Ich sage aber auch, dass ich es von Anfang an für problematisch gehalten habe, wie stark die geplanten Belastungen - im Vergleich zu anderen Sektoren - gerade im Bereich der Landwirtschaft ausfallen sollten. Und ich habe dies deswegen schon im Dezember an unsere SPD-Bundestagsfraktion so weitergegeben und eine Veränderung der Planungen angemahnt. Deshalb bin ich froh, dass die Bundesregierung reagiert hat und mit der Beibehaltung der KFZ-Steuerbefreiung jetzt einen großen Schritt auf Sie zugegangen ist.

Denn die Kritik, die Sie an den Sparbeschlüssen im landwirtschaftlichen Bereich geübt haben und auch weiterhin äußern, ist ja im Kern berechtigt. Auch ich verstehe es nicht, wenn die Landwirtschaft in diesem Maße getroffen werden soll und gleichzeitig umwelt- und klimaschädliche Subventionen in anderen Bereichen beibehalten werden. Stichwort: Dienstwagenprivileg.

Ich sehe sehr wohl, dass die Landwirtschaft durch die ursprünglichen Sparpläne gleich in dreifacher Hinsicht belastet gewesen wäre:
a) durch den Wegfall der Dieselrückerstattung, b) wegen des Wegfalls der Steuerbefreiung ihrer Fahrzeuge sowie c) durch einen (allerdings für alle) steigenden Co2-Preis

Wenn wir aber schon diesen Sparzwang haben, dann gilt für mich als Sozialdemokrat, dass solche einseitigen Härten vermieden und die Lasten möglichst gerecht verteilt werden müssen.

Und ich will heute Abend hier auch klar darauf hinweisen, dass die SPD die Schuldenbremse nicht wie einen "Fetisch" anbetet und darüber hinaus auch für ein gerechteres Steuersystem eintritt, das insbesondere sehr hohe Vermögen stärker belastet. Leider gibt es für diese Position derzeit keine politische Mehrheit. Nicht in der Regierung selbst und auch nicht mit Blick auf die anderen, im Bundestag vertretenen Parteien. Ich sage leider…: Denn wir wissen, dass gerade in Krisenzeiten und angesichts der Zukunftsherausforderungen in einer Transformationsgesellschaft (öffentliche) Investitionen und ja, auch Unterstützungszahlungen für die Landwirtschaft, die einem großen Veränderungsdruck ausgesetzt ist, von Bedeutung sind. Um Härten abzufedern und um zukunftsfähige Prozesse anzustoßen und zu fördern! Es gibt ja in diesen Tagen etliche, die sich sehr undifferenziert äußern und sagen, dass der Agrarbereich ohnehin viel zu viele Subventionen bekäme. Dieser Meinung bin ich nicht!

Ich bin aber sehr wohl der Auffassung, dass es die Landwirtschaftspolitik mindestens der letzten 30 Jahre war, die erst zu den strukturellen Problemen geführt hat, vor denen wir jetzt stehen. Das fragwürdige Motto "wachse oder weiche" bringt das leider ganz gut zum Ausdruck. Die Folge: Höfesterben seit Jahrzehnten. Das ist nichts, was man bei allem Ärger über die jetzigen Sparbeschlüsse, der Ampel anlasten kann! Ich sage hier in aller Offenheit, dass ich es fragwürdig finde, dass Großbetriebe und Landwirtschaftskonzerne ein Vielfaches der Förderung der kleinen und mittleren Betriebe erhalten.

Lassen Sie uns deshalb darüber nachdenken, ob wir nicht die Unterstützungsleistungen für unsere Bauern nach anderen als den bisherigen Maßstäben ausrichten können. Ich denke, wir müssen zum Beispiel aufhören, den größten Teil der Subventionen einfach an der Fläche auszurichten. Diese Praxis bevorzugt einseitig die großen, teils auch industriellen Strukturen der Landwirtschaft und lässt die kleineren und mittleren Betriebe ins Hintertreffen geraten.

Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir die vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen unserer Landwirtinnen und Landwirte gezielter, für alle Beteiligten praktikabler und auch verlässlicher fördern können! Denn es geht um viel: • Um die Sicherung einer möglichst regionalen Nahrungsmittelversorgung, • Die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe • Um den Erhalt unserer Kulturlandschaft • Um den Schutz des Grundwassers • Um Maßnahmen, mehr Wasser in der Fläche zu halten angesichts anhaltender Dürreperioden • Um den Kampf gegen das existenzbedrohende Artensterben • Um den Kampf gegen die Klimaerwärmung und die Eindämmung der Folgen der Klimakrise • Und damit verbunden um den Ausbau der Erneuerbaren Energien

Auf allen diesen Felder spielt die Landwirtschaft eine zentrale Rolle und ist überhaupt nicht wegzudenken. Und ich bin klar dagegen, dass die Erfüllung dieser Funktionen einfach dem Markt überlassen werden. Deswegen: Ja, wenn die Gesellschaft das alles will, dann kostet das natürlich Geld! Und deswegen kann ich den Ärger, insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe, die wir hier in Bayern vor allem haben, gut verstehen!

Und deswegen begegne ich Ihrem sachlich begründeten Protest, der auch hier in unserem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen stattfindet, mit Respekt.

Ich finde es gut, dass der hiesige Kreisverband des BBV sich klar für eine konstruktive Auseinandersetzung in der Sache einsetzt.

Denn leider sehen wir, wie die Proteste vielerorts von Demokratiefeinden instrumentalisiert werden. Und denen geht es nicht um die Zukunft der Landwirtschaft, der Gastronomie oder des Handwerks. Denen geht es darum, dieses Land lahmzulegen, die Regierung und mit ihr unsere ganze Demokratie zu stürzen. Mit ihren verhetzenden Parolen und der Verächtlichmachung unseres demokratischen Systems wollen Sie eine angebliche Volksmehrheit gegen unsere freiheitliche und demokratische Ordnung in Stellung bringen und nicht nur Kritik an der Regierung üben. Und das dürfen wir alle gemeinsam nicht zulassen!

Vielen Dank!

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