Liebe Genoss*innen,
wenn wir auf das vergangene Jahr 2017 zurückblicken, stellen wir resigniert fest: Überall Krieg, Gewalt, Hass. Und dazu all die Aufhetzer und Hüter des "gesunden Volksempfindens", im In- und Ausland, wohin man blickt.
Für mich stellt sich in diesen Tagen daher mehr denn je die Frage, wie wir dem als Sozialdemokrat*innen etwas entgegensetzen können, in einer Zeit, in der zunehmend mit den Ängsten der Menschen gespielt, ihre Unsicherheit ausgebeutet und als Mittel der politischen Auseinandersetzung eingesetzt wird.
Wir wissen, dass wir uns für das Neue Jahr 2017 warm anziehen müssen, nicht nur, weil nun doch endlich der Winter Einzug hält, sondern weil die Hetzer und „Angstausbeuter" ihr dreckiges Geschäftsmodell nicht aufgeben werden. Zumal es sich in den letzten Monaten als äußerst einträglich erwiesen hat.
Deshalb ist es für uns als traditionsreichste, älteste demokratische Partei in Deutschland von entscheidender Bedeutung, im Wahljahr 2017 mit klaren und überzeugenden Botschaften auf die Menschen zuzugehen. Denn sie sind ja teils zurecht verunsichert. Hier nur einige wenige Stichworte, die zeigen, dass wirklich Anlass zur Sorge und zur Notwendigkeit zum klaren Gegensteuern besteht: Die weit auseinanderklaffende Schere zwischen Vermögenden und den Habenichtsen, die viel zu hohen Mieten in vielen Gebieten und ein oftmals berechtigtes Gefühl der Ohnmacht breiter Bevölkerungsschichten, man habe ohnehin keinen Einfluss auf die Dinge.
Diese Gesellschaft braucht tatsächlich mehr Sicherheit!
Aber neben der in diesen Tagen so oft beschworenen „inneren" Sicherheit, die man übrigens viel besser durch ausreichend Personal in den Reihen der Polizei und weniger durch noch mehr Videoüberwachung herstellen könnte, benötigen wir vor allem wieder deutlich mehr soziale Sicherheit!
Es genügt aber bei weitem nicht, im eleganten Politsprech von „Chancen" zu reden oder an ein „Gerechtigkeitsgefühl" zu appellieren, sondern es geht um tatsächliche, erfahr- und buchstäblich greifbare Gerechtigkeit. Alles andere nehmen uns die Menschen nicht mehr ab, sondern empfinden auch uns als Teil der „abgehobenen Politeliten".
Das bedeutet konkret: Es geht um tatsächlich bezahlbare Mieten, wirklich auskömmliche Löhne für alle Menschen, eine gute, lebensstandardsichernde Rente, ein gerechtes, gut finanziertes Bildungs- und Betreuungssystem und überhaupt eine gut funktionierende Infrastruktur!
Das wäre die Grundlage dafür, wieder erfolgreich für mehr Vertrauen in die Sozialdemokratie werben zu können. Ohne diese absoluten Mindestanforderungen an ein echtes sozialdemokratisches Profil können wir keine „sozialdemokratische Sicherheitspolitik" betreiben. Und nur eine solche „sozialdemokratische Sicherheitspolitik", und gewiss nicht der auf „law and order", auf Spaltung, Misstrauen und Ausgrenzung gerichtete Sicherheitsfetisch der Konservativen und Rechtsnationalen, sichert den so dringend nötigen gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen Jung und Alt, Migrant*innen und angestammter Bevölkerung, zwischen den Geschlechtern, den Religionsgemeinschaften etc.
Liebe Genoss*innen,
wie Ihr seht, gibt es viel zu tun im Jahr 2017.
Bert Brecht, der in seinem Werk immer wieder den Kapitalismus „sezierte" und uns mit seinen Auswirkungen auf den Menschen konfrontierte, hat im Drama „Der gute Mensch von Sezuan" die wichtige Frage gestellt, ob unter den obwaltenden gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen (seiner und gewiss auch unserer „neuliberalen“ Zeit) Nächstenliebe und Solidarität, kurzum das „Gutsein", wirksam sein können. Der Dichter lässt den Theaterbesucher ohne Antwort zurück („Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen") und fordert ihn am Ende, ganz in der Tradition des epischen Theaters, auf, selbst nachzudenken und einen Schluss zu finden: „Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluss! / Es muss ein guter da sein, muss, muss, muss!".
Liebe Genoss*innen,
lasst uns, zusammen mit allen „gutmeinenden Kräften" in unserer Gesellschaft, den Gewerkschaften, Sozialverbänden, den Kirchen und auch anderen Parteien, denen die Grundwerte einer sozialen Demokratie wichtig sind, einen solchen „guten Schluss" finden. Arbeiten wir also gemeinsam daran, die sozialen und ökonomischen Verhältnisse, welche die Menschen am Gutsein hindern, zu ändern, und geben wir dem Augsburger Dichter eine überzeugende Antwort!
Solidarische Grüße und mit den besten Wünschen für ein „gutes" 2017 in jeder Hinsicht!
Harald Dösel (SPD-Kreisvorsitzender Weißenburg-Gunzenhausen)