„Alle Behindertenverbände lehnen das geplante Bundesteilhabegesetz in der Form, in der es jetzt geplant ist, ab!“, erklärte Bernhard Endres, Gemeinderat in Pleinfeld, beim Ortstermin der Kreis-SPD in einer Lebenshilfewohngruppe in Weißenburg. Ihm sind als Rollstuhlfahrer die Probleme von Menschen mit Behinderung natürlich besonders vertraut. „Momentan ist es kein Verbesserungs-, sondern ein Verschlechterungsgesetz. Und wir sehen jetzt schon, dass damit ein echtes Wunsch- und Wahlrecht, zum Beispiel beim Wohnort oder der Wohnform, nicht verwirklicht werden kann!“
Gleiches befürchtet auch Bezirkstagsvizepräsidentin Christa Naaß: „Nach dem vorliegenden Entwurf muss da-mit gerechnet werden, dass die Betroffenen nach wie vor das günstigste Wohn- und Hilfeangebot annehmen müssen.“ Die Entscheidung würden damit letztendlich die Kostenträger treffen. Gleichberechtigte Teilhabe und Selbstbestimmung sehe anders aus, so die SPD-Bezirksrätin. Nach Auffassung der SPD-Bezirkstagsfraktion wären die konsequente Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts und das persönliche Teilhabegeld ein entscheidender Schritt in Richtung mehr Teilhabe und Selbstbestimmung. Dabei gelte es auch, die Finanzierung dieser Leistungen klar zu regeln: Bund, Land und Bezirk - bzw. die in anderen Bundesländern zuständigen kommunalen Kostenträger - sollten die Kosten zu je einem Drittel übernehmen. Das sei im aktuellen Gesetzesentwurf nicht vorgesehen.
Und auch Martin Britz, Geschäftsführer der Lebenshilfe Weißenburg und Gastgeber beim Ortstermin, äußerte Bedenken: „Die Idee, das Bundesteilhabegesetz zu ändern, ist an sich nicht schlecht. Denn so bekommen wir ein eigenes Leistungsgesetz und die Leistungen sind nicht mehr an die Sozialhilfe gekoppelt.“ Andererseits aber, so Britz, werde es künftig sehr schwierig, diese Leistungen überhaupt zu erhalten. Denn von neun Teilbereichen müsse in mindestens fünf Bereichen ein Hilfebedarf vorhanden sein. Das sei aber oft nicht so – und damit würden die Betroffenen dann automatisch aus dem Kreis der Leistungsberechtigten herausfallen. Wenn dann noch die existenzsichernden Leistungen von den Assistenzleistungen getrennt würden, sei nicht einmal mehr die Finanzierung der Wohnheime sichergestellt. Deshalb ist die Lebenshilfe der Meinung, dass es sinnvoll wäre, das alte System und das neue bis 2020 parallel laufen zu lassen, um zu schauen, ob das überhaupt funktioniert, und dann eine Entscheidung zu treffen, was künftig gelten soll. Und hier sei ganz klar die SPD gefragt. Mit klaren Positionen und großem Engagement.
Dass die SPD hier keineswegs untätig ist, zeigt schon der Gesprächstermin, den der Kreisvorstand mit Betroffenen und Verantwortlichen anberaumt hatte. „Wir werden die Informationen jetzt an unsere Bundestagsabgeordneten weitergeben und sie auffordern, sich in unseren Sinne für eine Änderung des geplanten Gesetzes einzusetzen – und zwar, ehe es das Parlament passiert!“, erklärte der Kreisvorsitzende Harald Dösel.