Am 8.03.2021 hielt unser Fraktionsvorsitzender Mathias Hertlein eine leidenschaftliche und prägnante Haushaltsrede vor dem Kreistag unseres Landkreises. Hier zum nachlesen noch mal die vollständige Rede!
Sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Was für ein Jahr. Die wenigsten von uns haben Ende 2019, als man zum ersten Mal von einem Virus in Wuhan hörte, erwartet dass uns die größte Krise in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkriegs bevorsteht. Die wenigsten hatten erwartet, dass für fast ein ganzes Jahr das öffentliche Leben heruntergefahren wird und wir unter strengen Auflagen leben. Und die wenigsten hatten erwartet, dass dieser Virus mittlerweile mindestens 104 Todesopfer im Landkreis fordern würde.
Eben diesem Virus ist es auch geschuldet, dass ich mich dieses Jahr bewusst kürzer fassen werde, um die Sitzung nicht in die Länge zu ziehen. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum wir unseren Antrag zur Agenda 2030 nun zum zweiten Mal auf die Folgesitzung verschoben haben.
Gerade auf kommunaler Ebene geht das politische Leben trotz Corona weiter.
Zuallererst möchte ich mich daher beim Landrat und der Verwaltung bedanken, dass trotz der Umstände, die Sitzungen weiterhin regelmäßig und unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen, die die Gesundheit von uns allen zum Ziel haben, stattfinden können.
Weiterhin bedanken möchte ich mich bei den anderen Fraktionsvorsitzendenkollegen und der Kollegin für das faire und konstruktive Miteinander. Wir hatten ein, zwei schwierige Diskussionen, bei denen wir uns aber trotzdem am Ende auf einen Kompromiss geeinigt haben, mit dem alle leben können.
Diskussionen gab es auch beim Kreishaushalt und insbesondere bei der Kreisumlage. Hier haben aufgrund meiner politischen Elternzeit vor allem die Kollegin Anette Pappler und der Kollege Jürgen Schröppel die Verhandlungen für die SPD geführt. Ich bin froh, dass wir uns mit Ihnen allen auf einen Satz von 42,20 Prozent und damit einer Entlastung der Kommunen um 1,8 Prozentpunkte einigen konnten. Es ist einfach nicht vermittelbar, dass der Kreis gar keine oder kaum neue Schulden aufnehmen soll, während sich die Städte und Gemeinden immer mehr verschulden. Der Landkreis darf sich nicht auf Kosten der Kommunen gesund sparen!
Was uns ebenfalls sehr freut, ist dass der Landrat zugesichert hat, ab dem nächsten Haushalt die größeren Projekte bereits im Herbst vor dem Entwurf des Haushalts vorzustellen. Er setzt damit einen Antrag um, den die SPD bereits vor einigen Jahren gestellt hat und der auch vom Kreistag beschlossen wurde.
Das gleiche gilt für die Personalplanung. Auch hier wird auf Anregung der SPD-Fraktion ab Herbst die strategische Personal- und Organisationsentwicklung jährlich vorgestellt werden.
Transparenz vor allem auch für die Öffentlichkeit wird durch eine weitere Initiative der SPD-Fraktion hergestellt: Bereits vor der ersten Zusammenkunft des Kreistags einigten sich die Fraktionen darauf, Geschäftsordnung, Entschädigungssatzung und Tagesordnung auf der Internetseite des Kreistags zu veröffentlichen. Der Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen stehen vor allem die Einschätzung des bayerischen Innenministeriums und des Datenschutzbeauftragten entgegen. Hier müsste der Landtag in unseren Augen endlich eine Rechtsgrundlage schaffen. Unsere Nachbarn in Baden-Württemberg sind da deutlich weiter. Hier müssen Sitzungsprotokolle im Internet veröffentlicht werden.
Ebenso auf eine Initiative der SPD zurückzuführen ist es, dass sich die im Kreistag vertretenen Fraktionen eindeutig zur Lage der Geflüchteten im Lager Moria auf Lesbos nach dem Brand positioniert haben. Geändert hat sich für Menschen auf Lesbos leider dennoch rein gar nichts. Erlauben Sie mir bitte ein, zwei Sätze dazu. Die Menschen dort müssen in erbärmlichsten Verhältnissen leben. Frauen bringen im Schlamm Kinder zur Welt und eben diese Kinder werden nachts in ihren Zelten von Ratten angefressen.
Vor kurzem hat sich eine schwangere Frau im Lager selbst angezündet, weil sie aufgrund eines Übersetzungsfehlers davon ausgegangen ist, dass ihr Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Schande was mit den Geflüchteten im Mittelmeer passiert und Deutschland, Europa und die Welt schauen zu. Bei allen furchtbaren Dingen, die wir aufgrund von Corona täglich zu hören bekommen, bitte ich sie daher die Menschen auf Lesbos nicht zu vergessen.
Nun aber zurück zur Kreispolitik. Ein anderes Thema, dass hier bei uns im Landkreis die Gemüter erhitzt, ist die geplante Ansiedlung eines Center Parcs. Und obwohl eigentlich noch gar nichts bekannt ist, außer dass ein Center Parcs auf dem ehemaligen Muna-Gelände bei Langlau gebaut werden soll redet jeder darüber und gefühlt jeder hat dazu eine Meinung.
Dass man einen solchen Park naturnah bauen kann, wissen wir seit unserem Besuch im Allgäu. Wie und ob das in Langlau überhaupt möglich ist, wissen wir allerdings erst, wenn die Planung abgeschlossen und veröffentlicht wurde. Sich so früh bedingungslos zustimmend gegenüber einem solchen Projekt solchen Umfanges zu positionieren, finden wir dem Ernst der Entscheidung nicht angemessen.
Natürlich kann man so einen Park bei uns auch grundsätzlich ablehnen. Wenn man etwas anderes mit dem Gelände machen möchte, dann kann man darüber reden. Diese Chance zur Diskussion, wurde uns allerdings gar nicht erst ermöglicht, weil die entscheidenden Gremien, nämlich der Kreistag und der Gemeinderat in Pfofeld erst informiert wurden, als der Deal quasi gelaufen war.
Und Herr Landrat, nur dass das klar ist: Das kreiden wir nicht Ihnen persönlich an. Mittlerweile ist ja bekannt, dass der Landkreis schon weitaus früher als dem Beginn ihrer Amtszeit über die beabsichtigte Ansiedlung Bescheid wusste. Es wäre ein leichtes gewesen für den Altlandrat zumindest den Kreisausschuss im nicht öffentlichen Teil zu informieren. Das ist wie wir alle wissen nicht passiert und dadurch wurde uns die Möglichkeit geraubt, ergebnissoffen über die Zukunft des Muna-Geländes zu diskutieren!
Diskutiert wird dafür umso intensiver im Nachhinein. Denn auch wenn die Leserbriefsparte des Altmühlboten im Moment zurecht von einem anderen Thema beherrscht wird, kann man dort nahezu täglich etwas zur Zukunft des Muna-Geländes lesen. Center Parcs erhitzt die Gemüter. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber mir persönlich macht es Spaß mit Elan und Emotionen über politische Themen zu diskutieren.
Wo allerdings der Spaß aufhört, ist bei Lügen, Beleidigungen und Drohungen. Wenn die Familie des Landrats beleidigt wird, wenn in sozialen Medien wüste Beleidigungen verbreitet werden oder wenn man Menschen die an Aufklärung interessiert sind als “Denunzianten, Besserwisser und Menschen, die Moral vorgaukeln” bezeichnet, hat das mit einer fairen, sachlichen Diskussion und dem Willen nach Aufklärung nichts zu tun.
Ich möchte daher zum Schluss meiner Rede daher nochmal an den Landkreis appellieren: Diskutiert energisch und emotional, aber bitte trotzdem fair.
Vielen Dank!